Als ich den Hund von Eva Herman auf dem Schoß hatte - Teil 1
Plötzlich habe ich den Hund von Eva Herman auf dem Schoß. Und dabei ist das noch nicht einmal das Skurrilste an diesem Abend, der mich noch lange beschäftigen soll. Es ist eine Charity-Veranstaltung, ein Live-Talk, dessen Erlös einer Hilfsorganisation für Kinder zugute kommt. Dazu werden jedes Mal mehr oder weniger prominente Gäste eingeladen, meist sind es ehemalige Teilnehmer der diversen Castingshows, deren Namen ich normalerweise nicht kenne und mir ehrlich gesagt auch gar nicht merken will. Oft sind aber auch Leute dabei, die aus dem ganz großen Rampenlicht verschwunden sind und die dadurch umso interessanter sind, erst recht, wenn sie vor kleinem Publikum mehr von sich preisgeben als vor den großen Kameras.
In diese letzte Kategorie gehört vielleicht auch Eva Herman, die seit ihrem Rauswurf bei der Tagesschau zwar fleißig publizierte, aber nie wieder die Aufmerksamkeit erreichte wie mit ihren Ausführungen zu den klassischen Geschlechterrollen, die ja im Dritten Reich noch so viel mehr in Ordnung waren als heute. Das letzte, was ich von ihr gelesen habe, war ein Artikel über die letzte Loveparade, in dem sie mehr oder weniger die These vertrat, die Anhänger der Spaßgesellschaft, also die Besucher des Events, seien selber Schuld, wenn sie solche Veranstaltungen besuchen und in der bewusst gesuchten Gefahr umkommen.
Inzwischen ist sie mit dem ehemaligen Unternehmer, heutigen Wirtschaftsdozenten mit eigenem Institut und selbsternannten „Klardenker“ Andreas Popp verbandelt, mit dem sie an diesem Abend auch gemeinsam auftritt. Allerdings haben beide ihren süßen Hund Yvette mit dabei und als sie auf die Bühne geholt werden, drücken sie meiner Kollegin S., mit der ich in der ersten Reihe auf den Presseplätzen sitze, die Leine in die Hand.
S. freut sich im wahrsten Sinne des Wortes tierisch darüber, Yvette weniger, die möchte nämlich lieber zu Herrchen und Frauchen ins Rampenlicht. Zunächst wird sie von S. auf den Schoß genommen, dann mogelt sie sich allerdings zu mir rüber, um noch ein bisschen näher an der Bühne zu sein, schließlich beendet der Moderator ihr Leid und verkündet unter großem Applaus, dass es ihn nicht stören würde, wenn sie mit aufs Sofa kommt.
So weit, so gut, doch was Yvette dann mit anhören muss, hätte ich keinem Hund zumuten wollen. Im Grunde sind es gar nicht mal krasse Thesen, die die beiden von sich geben, denn vieles deuten sie bloß an. So sagt Eva Herman beispielsweise: „Was im Moment in Deutschland passiert, macht uns Sorge.“ Und Andreas Popp fügt hinzu: „Wer das benennt, hat mit Gegenwind zu rechnen.“ Es geht natürlich um Flüchtlingspolitik, um unkontrollierte Zuwanderung und darum, dass wir das, was unsere Regierung angezettelt hat, gar nicht schaffen können.
Zunächst mal sind alles nur allzu bekannte Versatzstücke, deren Inhalte ich mir als Zuhörer selbst zusammenreimen kann. So richtig konkret werden die beiden selten, doch dankenswerterweise bohrt der Moderator weiter. Popp erklärt beispielsweise, er nehme an demokratischen Wahlen nicht mehr teil, da er dann ja seine Stimme abgeben müsse und die würde er gerne behalten. Und Eva Herman bedauert alle Kollegen wie Claus Kleber und Ulrich Wickert bei den großen Nachrichtensendungen und der Mainstream-Presse, da die ja Tag für Tag Fakten präsentieren mussten und müssen, deren Wahrheitsgehalt sie eigentlich bezweifeln. Das braucht sie zum Glück nicht mehr, sie darf jetzt sagen, was sie denkt.
„Dann tu es doch endlich“, möchte ich ihr zurufen und tatsächlich holt sie noch ein wenig weiter aus. Die Welt werde immer grässlicher, meint sie und das liegt natürlich daran, dass Flüchtlinge gezielt in unser Land geholt werden, um dem die Bevölkerung sukzessive auszutauschen. Wer ihr nicht glaubt, könne es Schwarz auf Weiß im Internet nachlesen, na wenn das nicht mal eine präzise Untermauerung einer solchen These ist.
Schuld an allem ist das System, pflichtet Popp ihr bei, denn das habe ganz eindeutig die „Vermischung der Rassen“ zum Ziel. Beim Wort „Rassen“ horcht Yvette kurz auf, schließlich passt der Begriff nun mal besser zu Hunden als zu Menschen, dann döst sie auf den Knien ihres Herrchens langsam ein. Würde ich auch gerne, nur leider brodelt es inzwischen so sehr in mir, dass es mir nicht gelingt.
Fortsetzung folgt...