Innere Glaubenskriege - Teil 1
Eigentlich liebe ich es, über Vorträge mehr oder weniger prominenter Persönlichkeiten zu berichten. Zum einen, weil ich nun mal eine Schwäche für gute Rhetorik habe, zum anderen, weil ich denke, dass Erfahrungsberichte aus erster Hand wirklich den Horizont erweitern können. Manchmal jedoch machen die Vortragenden es einem nicht leicht, weil es mitunter schwer ist, journalistisch neutral über etwas zu schreiben, wozu ich selber eigentlich so viel sagen möchte.
Diese Erfahrung musste ich wieder einmal machen als der Journalist, Buchautor und bekennende Christ Peter Hahne in unserer Region unterwegs war. Er sprach zum Thema „Zukunft ist Herkunft“ und ich war anfangs sehr gespannt, was er zu sagen hatte. Schon die Finanzkrise habe gezeigt, wie zerbrechlich unser System ist, begann er, der nächste Einschnitt war die Flüchtlingsfrage. Die Finanzkrise habe Deutschland stark gemeistert, nun komme es auf die Belastbarkeit unserer Werte an. „'Der Islam gehört zu Deutschland' – etwas Dümmeres habe ich in meinem Leben noch nicht gehört“, bezog Hahne Position.
Dafür bekam er viel Applaus und ausgerechnet hinter mir saß jemand, der diese Aussage, sowie viele folgende kommentierte. In diesem Fall mit den Worten: „Recht hat er, endlich sagt 's mal jemand.“ Es ist ja nicht so, dachte ich mir, dass genau das nicht schon etliche andere gesagt haben, manche von ihnen haben es auch herausgebrüllt, nicht selten mit dem logischen Folgesatz: „Wir sind das Volk!“. Aber okay. Peter Hahne ist ein renommierter Journalist, da wird wohl noch mehr kommen, hoffte ich.
Uns würden viele Fakten verschwiegen, legte er dann tatsächlich nach, in seinem Job beim ZDF halte er sich zurück, doch in seinen Büchern und so auch hier rede er Klartext. Daher betonte er: „Muslime gehören nur dann zu Deutschland, wenn sie bereit sind, sich anzupassen.“ Wenn er solche Wahrheiten beispielsweise in Talkshow erwähne, werde er dafür angegangen und in eine rechte Ecke gestellt, kommentierte er, doch in solchen Fällen freue er sich nur darüber, weil sein Buchverkauf dadurch angekurbelt wird. Klartext sprechen, um den eigenen Buchverkauf anzukurbeln, dachte ich mir, na, wenn das die Motivation ist, dann bin ich gespannt, was noch folgt.
Außerdem fußen seine Aussagen nun einmal auf den christlichen Werten unseres Landes, betonte er, schon in der Präambel unseres Grundgesetzes heiße es schließlich, dass dieses Gesetz in Verantwortung vor Gott und den Menschen entstanden sei, und mit Gott sei nicht Allah, Buddha oder Zarathustra gemeint. Jene Zeilen, in denen es wenig später heißt: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden“, spielten für Hahne in diesem Zusammenhang offenbar keine Rolle.
Er empfinde es als „absurd“, wenn in Bayern darüber diskutiert wird, ob in Behörden Kreuze aufgehängt werden dürfen oder nicht. In einem christlichen Land sei das selbstverständlich, nicht selbstverständlich sei hingegen, wenn Vertreter christlicher Kirchen bei Besuchen in muslimischen Gotteshäusern ihre Kreuze verstecken und somit unsere Werte verkaufen. Diese nämlich seien eine Ressource, die niemand sonst habe und durch unsere vorauseilende Political Correctness stehen sie jetzt auf dem Spiel.
Welche Werte das konkret sind, führte Hahne auch aus, indem er deutlich machte: „Dass unterlassene Hilfeleistung bei uns ein Delikt ist, liegt ausschließlich am Gleichnis des barmherzigen Samariters. Doch wenn bei Unfällen heute Trauben von Gaffern stehen, dann zeigt sich, wie diese Werte verfallen sind.“ Auch hier ging Hahne mit keinem Wort darauf ein, dass mit besagtem Gleichnis eigentlich definiert wird, wie die christliche Nächstenliebe zu verstehen ist und dass letztlich auch jegliches Asylrecht genau darauf fußt. Gerade christliche Werte haben doch nichts mit der Verteidigung des Nationalstaates gegen fremde Kulturen zu tun, sondern fordern uns zu Barmherzigkeit und Toleranz auf.
Für ihn ist es der Verlust unserer christlichen Wurzeln und es es ist die Einwanderung anderer, die ihre Wurzeln ernst nehmen, was unser Land in Gefahr bringt. Dabei machte er einen eindeutigen Unterschied zwischen christlichen Einwanderern aus dem ehemaligen Ostblock und heutigen Flüchtlingen aus der arabischen Welt, denn die Christen hätten hier zuerst Kirchen und eine Gemeinschaft aufgebaut und nicht Parallelgesellschaften, in denen Frauen unterdrückt werden und sogenannte Ehrenmorde durch die Scharia legitimiert sind.
Peter Hahne war schon immer jemand, der mit seinen Büchern auch ganz bewusst provozierte. So weit, so gut. Doch wenn er von Muslimen spricht, die hier Parallelgesellschaften aufbauen, in denen Frauen unterdrückt Ehrenmorde legitimiert werden, dann bedient er sich mindestens populistischer Rhetorik, die weit über Provokation hinaus geht. Mir fiel es jedenfalls zunehmend schwerer, ihm zuzuhören, erst Recht, weil der Typ hinter mir seine Worte in genau jene Sprache übersetzte, die dann ganz eindeutig „rechte Ecke“ ist.
Das ist in jedem Fall eine Verzerrung, deren Wirkung sich ein renommierter Journalist ganz sicher bewusst ist. Damit nahm Hahne ganz bewusst jene „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“-Rolle ein, die sonst vor allem Vertreter des rechten Randes unserer Gesellschaft für sich gepachtet haben. All das tat mir als Journalist weh, weil es leider rhetorisch kaum besser war als vieles, was die Populisten von sich geben. Und es tat mir als Christ weh, weil Hahne hier ein ähnlich fundamentalistisches Christentum repräsentiert wie die Islamisten, die er offenbar so fürchtet. Aber seine Bücher hat Peter Hahne auch an diesem Abend gut verkauft und das war ja offenbar sein primäres Ziel.
Fortsetzung folgt...