Rate mal, wer Raten zahlt - Teil 1
D. will sich einen neuen Fernseher kaufen. Zugegeben, der, den er von Nachbar I. damals ja eigentlich auch nur übergangsweise bekommen hat, ist erstens nicht besonders groß, zweitens noch ein Röhrengerät und drittens zeigt er seit einiger Zeit auch recht seltsame Farben, also violetten Himmel und grüne Gesichter. Auf Dauer mag das zwar so manch illegale Substanz ersetzen, wirklich toll ist es aber nicht. Natürlich will D. jetzt gleich richtig zuschlagen und sich den größtmöglichen Flachbildmonitor kaufen.
Mein Verhältnis zum Fernsehen ist eh ein wenig gespalten. Nun verteufle ich nicht alles, was dort läuft, aber ich habe auch noch nie einen eigenen Fernseher besessen und komme mit dem Internet, Kino und ab und zu eine DVD wunderbar zurecht. Vor allem muss ich gestehen, dass ich auf Werbung im Fernsehen relativ allergisch reagiere.
Das hat zum Teil mit meiner Ex-Freundin zu tun, die damals ihre Kinder ziemlich oft vor dem Fernseher parkte und die Werbung auf den Kinderkanälen zumindest in den 90ern schlimmer war als jede illegale Substanz. Zum Teil liegt es aber auch daran, dass ich die meisten Spots einfach nur unerträglich dumm finde, voller überhöhter Versprechen bis hin zur ewigen Glückseligkeit und das für Produkte wie Küchenpapier oder Kaffeepads.
Apropos Kaffeepads oder noch schlimmer die entsprechenden Kapseln. Nun bin ich auch kein großer Kaffeetrinker, aber für jede Tasse eine nicht eben kleine und unverrottbare Plastikverpackung in die Umwelt zu schmeißen, das ist für mich der komplette Irrsinn. Gut, ich komme vom Thema ab, doch was ich eigentlich sagen wollte, ist, dass Werbung sich in aller Regel ziemlich negativ auf unser Konsumverhalten auswirkt. Bei den Kindern meiner Ex gab es immer wieder Streit um den neuesten angepriesenen Mist, der dann nach zwei Tagen unbeachtet in der Zimmerecke lag.
Da lobe ich mir doch all jene Länder, in denen es kein speziell für Kinder gemachtes Fernsehprogramm gibt, und wenn, dann wenigstens nur ein paar Sendungen, so dass die Kids danach wieder gezwungen sind, sich selbst zu beschäftigen und kreativ zu werden. Genau das haben F. und D. nämlich über ihr Syrien vor dem Krieg erzählt, doch S. A. und M. sind, was das angeht, schon sehr deutsch geworden und wissen genau, auf welchen Sendern rund um die Uhr die nervigsten Kinderserien laufen.
Na gut, „Tom und Jerry“ gucken sie gerne, da bleibe auch ich dann manchmal hängen und lache mit ihnen gemeinsam über genau das, was mich auch vor Jahrzehnten schon begeistert hat. Seltsam eigentlich, wie wenig man sich als Mensch doch weiterentwickelt. Tom und Jerry haben sich allerdings weiterentwickelt, zumindest haben sie auf dem jetzigen Fernseher grüne Gesichter und daher sehe ich natürlich ein, dass ein neues Gerät her muss.
Tags darauf gehen D., Rainer und ich in den nächsten größeren Elektronikfachmarkt und da wir konsequent an der Kasse stehenbleiben, fühlt sich schon zehn Minuten später ein Mitarbeiter beflissen, uns zu beraten. Ein Smart-TV soll es sein, damit D. damit im Internet auch Youtube und einige arabische bzw. türkische und kurdische Sender sehen kann. Das kann ich gut nachvollziehen. Der Verkäufer natürlich, denn schließlich sind das nun einmal nicht eben die günstigsten Geräte.
Schwieriger wird es dann als wir nach Ratenzahlungen fragen. Grundsätzlich natürlich gar kein Problem, da gibt es eine Hausbank, die für solche Fälle Kleinstkredite vergibt, sogar mit beliebiger Laufzeit. Ach, Moment mal, die Familie hat nur ein begrenztes Bleiberecht? Na, dann ist natürlich nichts machbar, das müssten wir verstehen. So viel also mal wieder zu dem Thema, dass Asylsuchende bei uns überall Vorteile haben.
Wir verlassen den Laden ziemlich frustriert. Rainer und ich versprechen, dass wir uns Gedanken machen, doch als wir wenig später wieder bei F. und F. aufschlagen, erzählt er uns stolz, dass er im Internet einen Fernseher bestellt hat, den er in kleinen Raten über die nächsten 24 Monate abbezahlen kann. Das Gerät sei sogar noch größer als die, die wir uns gemeinsam angesehen haben und weil das ja mit den Ratenzahlungen so gut klappt, hat er auch gleich noch einen neuen Wohnzimmerschrank bestellt. Prima Idee, wenn man gerade einen Job sucht, die Frau schwanger ist und auch sonst so manches in der Schwebe.
Fortsetzung folgt...