Rate mal, wer Raten zahlt - Teil 2
Wenige Tage später ist der Fernseher dann da und zum Glück hat D. auch einen Bekannten, der ihm das Riesengerät anschließen und einstellen kann. In technischer Hinsicht bin ich ja schon froh, wenn ich auf meinem Computer meine Texte und Fotos wiederfinde und wenn ich weiß, wie ich sie hier im Blog einstellen kann. Dafür habe ich bis jetzt in all meinen Wohnungen sämtliche Möbel selbst aufgebaut, bis auf die Hängeschränke in der Küche, die nun wirklich allein nicht an die Wand zu dübeln sind, sogar alle ganz alleine.
Aus diesem Grund sage ich dann auch sofort zu als D. mit bittet, ihm beim Aufbau des neuen Wohnzimmer- und Fernsehschranks zu helfen. Zu zweit sicher kein Problem, denke ich mir, zumal D. früher ja auch handwerklich gearbeitet hat, sogar auf dem Bau und da kommt er mit Möbeln wohl allemal zurecht.
Diese Zuversicht stand allerdings nur bis ich die Montageanleitung in den Händen hielt. Also ehrlich gesagt arbeite ich fast immer nach Anleitung, weil ich dank einiger Lebenserfahrung festgestellt habe, am Ende spart es doch Zeit, wenn man nicht nach Stunden alles wieder auseinander schrauben muss, weil man ganz am Anfang Schraube A-19 übersehen oder die Rückwand vergessen hat oder sowas. Und tatsächlich finde ich die meisten Anleitungen auch völlig okay, wenn man sie erst einmal ein wenig hin und her gedreht hat.
Nicht so bei dieser. Es fängt schon mit der Zuordnung der einzelnen Schrankteile an. Die sehen nämlich auf den Abbildungen nicht so aus wie in echt, es sind nur jene Bohrungen etc. eingezeichnet, die gerade für den aktuellen Arbeitsschritt von Bedarf sind und daher kann ich nicht erst einmal alles in typisch deutscher Manier sortieren und zurechtlegen. Sämtliche Schrauben und Nägel natürlich nach Größen geordnet, um sie dann im Bedarfsfall schnell greifbar zu haben.
D. hingegen fängt schon einmal an, die unzähligen Holznöppel in die vermutlich vorgesehenen Löcher zu dröseln und sucht dabei nur verzweifelt den Leim, mit dem er die Festigkeit seines Möbels verstärken kann. Offenbar braucht dieser Schrank aber keinen Leim. Schade eigentlich, denn wenn ich den jetzt tief eingeatmet hätte, wäre ich vielleicht dem Prinzip auf die Spur gekommen, nach dem diese Montageanleitung erstellt worden war. Jedenfalls fing sie nicht mit Schritt 1, sondern mit Schritt 7 an und war auch nicht chronologisch zusammengetackert, sondern vermutlich so, wie die Zettel dem unterbezahlten Arbeiter in Südostasien in die Hände gefallen waren.
Wie auch immer nach einer gewissen Einarbeitungszeit legte auch ich los und zumindest die Seitenteile ließen sich ebenso aufbauen wie fast alles, was ich so in meiner Wohnung hatte. Insgesamt waren es zwei Schrankelemente an den Seiten, eine Art flache Kommode unten und ein Hängeschrank oben, für ein wahres von einer modernen Wohnwand umrahmtes Heimkino also.
Allerdings von einer Schrankwand mit Rissen in den mit Hochglanzlack beschichteten Türen, wie F. plötzlich feststellte als sie einen Blick auf die Einzelteile warf. Hätte ich alle Teile wie gewohnt zuvor sortiert, wäre es auch mir schon eher aufgefallen, dachte ich mir, ärgerlich war es aber so oder so. Vor allem, weil die Risse nicht nur oberflächlich, sondern richtig tief waren. Wir mussten reklamieren.
Eine Kundenhotline gab es tatsächlich, allerdings war die Nummer auf der Seite des Shops erst nach ziemlich langem suchen auf einer Unterseite zu finden und es gab dann nicht einmal eine tolle Bandansage mit musikalisch unterlegter Warteschleife, sondern nach langem Klingeln ging tatsächlich ein echter Mensch ans Telefon. Der wirkte auf mich ziemlich überrascht und erklärte uns dann auch nur, dass wir Fotos der beschädigten Teile machen und per Mail schicken sollten.
Grundsätzlich hasse ich es, begonnene Arbeiten nicht zu Ende führen zu können, doch jetzt ging es leider nicht anders. Also verstauten wir alles, insbesondere die Tür mit dem Glaseinsatz möglichst kindersicher im Flur und warteten zwei Tage. Dann allerdings wurden sämtliche Bauteile ohne Murren abgeholt und durch fabrikneue Pakete ersetzt. Immerhin. Auch wenn das für uns bedeutete, noch einmal ganz am Anfang anzufangen.
Schneller als beim ersten Versuch ging es diesmal auch nicht, denn die Anleitung hielt noch weitere Herausforderungen bereit, insbesondere bei der Tür des oberen Schrankteils. Während sich die Klappe auf dem Foto nach oben aufklappen ließ, tat sie das in der Anleitung nach unten und wie ich die Teile auch drehte und wendete, die Vorbohrungen ließen nichts anderes zu. Noch dazu waren die Arbeitsschritte zur Gesamtmontage der einzelnen Elemente gar nicht mehr verzeichnet und auch Dübel für das obere Element fehlten.
„Zur Befestigung an Wand prüfen diese zunächst und besorgen dann passende Teile“, hieß es lapidar. Natürlich war es Sonntagnachmittag und kein Baumarkt hatte geöffnet, so dass ich fürchtete, wir könnten unser Werk schon wieder nicht vollenden. Doch D. beteuerte, er habe auch dafür einen Freund, der helfen könne. Tatsächlich kam der am Abend und hatte auch wirklich passende Schrauben und Dübel zur Hand, so dass das Heimkino doch noch eröffnet werden konnte. Trotzdem fuchst es mich immer noch, dass ein blöder Schrank es geschafft hat, mir meine bisher fehlerlose Möbel-Aufbau-Bilanz so zu ruinieren.