Bestandsaufnahme mit erschreckenden Ergebnissen
Unsere Politiker und Führungspersönlichkeiten sind nur Marionetten, hinter denen ganz andere Machthaber stehen. Etwa ein Drittel der Deutschen stimmt dieser Aussage zu. Dementsprechend stecken Medien und Politik unter einer Decke und Studien, die den Klimawandel belegen, sind meist gefälscht. Fast die Hälfte von uns glaubt, dass es geheime Organisationen gibt, die großen Einfluss auf politische Entscheidungen haben.
Zu diesen Erkenntnissen kam die Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, die seit 2006 ein Meinungsbild der Deutschen erhebt, insbesondere zu rechtsextremen Einstellungen. In diesem Jahr gingen die Wissenschaftler unter dem Titel „Verlorene Mitte – Feindselige Zustände“ auch erstmals auf sogenannte Verschwörungstheorien ein. Demnach sind es eben 32,7 %, die Politiker für Marionetten halten, 24,2 % gehen davon aus, dass Medien und Politik gemeinsam agieren, immerhin 11,6 % halten den Klimawandel für eine Verschwörung und 45,7 % meinen, dass die eigentliche Macht bei im Geheimen agierenden Organisationen liegt.
Damit offenbart sich ein durchaus erschreckendes Misstrauen in eine funktionierende Gesellschaft, auch wenn die Studie in ihrem Grundtenor immer eher beschwichtigt. Vor allem rechtsextreme Einstellungen haben seit 2016 nicht auffällig zugenommen, heißt es in den erläuternden Texten, dennoch sind die Prozentzahlen derer, die manchen Behauptungen zustimmen durchaus bedenklich.
In Deutschland dürfe man nichts Schlechtes über Ausländer sagen, ohne gleich als Rassist beschimpft zu werden, meinen 54,8 % der Befragten. Die deutsche Gesellschaft werde durch den Islam unterwandert, behaupten 25,9 %. Die Ausländer kommen nur hierher, um den Sozialstaat auszunutzen sagen 18,9 % und immerhin 21,5 % sind überzeugt, Deutschland brauche jetzt eine einzige starke Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert.
Zwar glauben „nur“ 3,9 %, dass eine Diktatur unter gewissen Umständen die bessere Staatsform ist, doch 64,5 % stimmen der Aussage zu, dass demokratische Parteien alles zerreden und Probleme nicht lösen. Natürlich sind dies nur einige Zahlen, doch zeigen sie deutlich, dass es mit dem Vertrauen in unser politisches System und unsere Gesellschaft nicht allzu weit her ist.
Die Studie liefert traditionell nur wenig Erklärungsansätze, sondern fokussiert sich auf die Fakten, doch einige Befragungen legen den Schluss nahe, dass es beim Rechtsextremismus und -populismus mit wirtschaftlicher Unsicherheit zu tun hat, mit dem Angst vorm sozialen Abstieg und auch mit der Politik selbst, die sozusagen in vielen Punkten die Bodenhaftung verloren hat. Allerdings scheint die Empfänglichkeit für rechte Einstellungen auch deutlich mit dem Bildungsniveau zusammenzuhängen.
Meist kommt es zu sogenannter gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, was im Grunde bedeutet, dass ein Verantwortlicher für die eigene unsichere Situation gesucht wird. Es leben zu viele Ausländer in Deutschland behaupten 35 %. Durch die vielen Muslime fühle ich mich manchmal wie ein Fremder im eigenen Land sagen 34,9 % und 17,6 % verlangen, Muslimen die Zuwanderung nach Deutschland zu verwehren. 44,2 % glauben, dass die meisten Asylbewerber in ihrem Land gar nicht verfolgt werden, diese letztgenannten Zahlen sind laut Studie in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen.
Eine ebensolche Ablehnung gibt es gegenüber Juden, die angeblich versuchen aus der Vergangenheit des ritten Reiches heute ihren Vorteil zu ziehen (21,6 %), gegenüber Sinti und Roma, die in den Augen von 36,7 % generell zu Kriminalität neigen, und auch gegenüber homosexuellen und Trans-Menschen, die ekelhaft oder albern sind (14,8 % bzw. 12,6 %) sowie Obdachlosen, die aus Fußgängerzonen entfernt werden sollten (24,4 %), Langzeitarbeitslosen, die ja gar keinen Job wollen (50,6 %) und Menschen mit Behinderung, die besser unter sich bleiben sollten (3,3 %).
Ach ja – und Frauen sollte es natürlich wichtiger sein, ihrem Mann bei seiner Karriere zu helfen als selbst Karriere zu machen (8,5 %). Nun sind all das natürlich oft Einstellungen, denen die große Mehrheit ausdrücklich widerspricht, doch insgesamt bietet die Studie einen aufschlussreichen Einblick in eine Vielzahl von Meinungen, denen auch im Jahr 2019 noch nicht eben wenige Mitmenschen zustimmen.