Wie sogenannte alternative Medien sich die „Covidioten“ zunutze machen
In den vergangenen Wochen habe ich mir mal die Mühe gemach, in einige sogenannte Berichterstattungen von den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen reinzuschauen. Bewusst nicht von etablierten Medien, sondern von denjenigen, die sich selbst gerne als alternative Medien bezeichnen und für sich in Anspruch nehmen, die einzigen zu sein, die nicht ideologisch gesteuert sind.
Im Internet und insbesondere auf Youtube gibt es ja eine Menge dieser Kanäle, die derzeit von den Demonstrationen angeblich für unsere Grundrechte berichten, über die Xavier Naidoos und Attila Hildmanns und viele andere da draußen, die die Corona-Pandemie teils für eine Erfindung halten, teils für einen vorgeschobenen Grund unserer Regierung, hier diktatorische Zustände einzuführen. Außerdem müssen wir natürlich aufpassen, weil Bill Gates uns ja alle zwangsimpfen und die Menschheit damit dezimieren will.
Nun gut, ich wollte mich möglichst neutral auf diese Form des Paralleljournalismus oder wie immer man es nennen möchte einlassen, so dass ich mir einen Kanal raussuchte, auf dem eine Liveschalte, ganz nach dem Vorbild der legendären Radiokonferenzen beim Fußball, gestreamt wurde, also immer zwischen mehreren Außenreporten in verschiedenen Städten hin- und hergeschaltet wurde. Diese Außenreportagen wurden dann von zwei Kommentatoren im Studio eingeordnet und eben koordiniert, nebenbei lief noch ein Chat, in dem Zuschauer sich rege an der Diskussion über die aktuellen Proteste beteiligten.
Zunächst einmal muss ich sagen, dass die gezeigten Bilder mich erst einmal wenig aus der Fassung brachten. In Berlin und Köln oder wo auch immer liefen die Reporter durch die Stadt und suchten nach den Orten, an denen wohl die Action stattfinden sollte und in Stuttgart stand der Korrespondent vor einem mäßig gefüllten Areal und schwadronierte darüber, dass ja letzte Woche so viel mehr los gewesen sein soll. Zwischendurch wurden Polizisten gefilmt, die irgendwo Absperrungen errichteten und vereinzelte Demonstranten, die diese Polizisten anpöbelten und in wenigen Fällen zurecht gewiesen wurden.
Letzte Woche sei so viel mehr los gewesen, hieß es jetzt auch von den beiden Herren im Studio und ebenso im Chat. Da nämlich wurde schon jetzt über die Polizeigewalt gewettert, über die böse Antifa und natürlich über das Merkel-Regime, das uns alle unterdrückt und dabei von den Systemmedien unterstützt wird. Da vor den Kameras nach wie vor wenig passierte, konzentrierte ich mich mehr und mehr auf den Chat und mehr und mehr wurde mir unwohl bei dem, was ich da las.
Eine Demokratie sei das hier schon lange nicht mehr, so der allgemeine Tenor, die Weltelite habe uns im Griff, wolle uns zwangsimpfen und Corona solle eben davon ablenken, was im Untergrund passiert. Das Stichwort sei Q-Anon antwortete mir jemand auf meine Nachfrage, es gehe dabei um aus Kinderblut gewonnenes Adrenochrom, doch im Chat sei nicht der richtie Ort, um mir das genauer zu erklären.
Im Chat war wohl allerdings der richtige Ort für Meinungsäußerungen wie: „Die Antifa ist eine Terrorgrupe von Merkel bezahlt“ oder „Mainstream-Sender werden Domonstranten wieder in den Rücken fallen“ oder „Bio-Deutsche werden verhaftet, nicht aber Hinzugereiste“. So ging es weiter, voller Hass gegen die Antifa, gegen die Presse und insbesondere gegen die Polizei und das böse System.
Während auf den Straßen immer noch nicht so viel passierte, wurden im Chat die Forderungen lauter, das nächste Mal die Demonstrationen doch nicht mehr anzumelden, denn das bringe ja nichts und man müsse härtere Geschütze auffahren, um etwas zu erreichen. Wenn doch mal eine Festnahme gefilmt wurde, kochte die Wut auf die Polizei hoch und die Festgenommenen wurden ohne Kenntnis der Situation bejubelt. Und als dann einer der Außenreporter doch noch die Wiese erreichte, auf der Attila Hildmann eine Rede halten sollte, wurde der allerdings gerade von einem südländisch aussehenden Mann argumentativ sozusagen in Grund und Boden geredet, worauf im Chat gefordert wurde: „Kann dem mal jemand eine überziehen“ und „Schlagt ihn tot“.
Das war ungefähr der Moment, wo ich es nicht weiter ertragen konnte und wegschalten musste. Tatsächlich habe ich auch noch in einige andere Livestreams reingeschaltet, wo es im Grunde nicht viel anders ablief. Oftmals wurden Passanten bzw. Demonstranten interviewt, von denen ich die wenigstens als „normale Bürger“ bezeichnen würde, denn viele hatten eindeutig entweder eine klar rechte politische Gesinnung und/oder ganz klar den Aluhut auf. Und da ist für mich leider der Punkt erreicht, wo Neutralität aufhört und wo ich immer sage, dass es nicht richtig sein kann, mit solchen Menschen gemeinsam auf die Straße zu gehen oder ihnen auch nur eine breite mediale Bühne zu bieten.
Zwei Dinge bleiben bei mir als Erkenntnis haften: Zum einen habe ich nicht zum ersten Mal festgestellt, wie gut diese angeblich alternativen Medien alle untereinander vernetzt sind und dass man über diese Netzwerke immer auch erschreckend schnell auf eindeutig rechtsextreme Kanäle stößt. Ein paar Klicks genügen und ich finde mich tief in einem Sumpf, den ich ohnehin für verfassungsfeindlich halte.
Zum anderen hat das, was bei den Befürwortern dieser Demonstrationen abgeht, in der breiten Masse nichts mehr mit Angst oder mit Überforderung durch die gegenwärtige Situation zu tun. Es scheint ausschließlich ein neues Ventil für einen schon lange schwelenden Hass zu sein und für eine Propaganda, der jedes Mittel recht ist, um ihr antidemokratisches Gift zu versprühen. Insofern halte ich all das auch nicht für tolerierbar, weil Menschen eben besorgt sind, sondern für hochgradig gefährlich.