Ukraine-Krieg und Syrien-Krieg

Irgendetwas ist anders als damals - Teil 1

 

Krieg macht sprachlos, macht fassungslos. Aus meinem Blickwinkel betrachtet. Die Nachrichten der letzten Tage machen mich wütend, ängstlich und unsagbar traurig. In der Ukraine macht der Krieg aber noch viel mehr, er nimmt Menschen die Heimat, Kindern die Zukunft, er tötet. Das ist für mich, der ich in einer Zeit des sicheren Friedens in Europa aufgewachsen bin, ebenso grauenhaft wie unbegreiflich.

 

Allerdings lassen die Bilder, die wir derzeit in den Tagesthemen und im heute journal sehen mich an den Beginn des Krieges damals in Syrien denken. Daran, wie hilflos ich mich damals fühlte und doch unbedingt etwas tun wollte. Nicht, um mein Gewissen zu beruhigen, nein, weil die Menschen mir leid taten und ich mich in gewisser Weise schämte, durch puren Zufall in einem Land des nahezu unbegrenzten Wohlstands zu leben.

 

Somit denke ich auch oft an die Zeit als D. und F. mit ihren Kindern vor nun inzwischen sechs Jahren hierher kamen und wir sie unterstützten, in diesem fremden Land Fuß zu fassen und es zumindest ein Stück weit zu verstehen. Ehrlich gesagt glaube ich ja, dass uns das ganz gut gelungen ist (das zeigt nicht zuletzt, wie selten ich momentan noch etwas hier für den Blog schreibe).

 

Inzwischen kommen wieder Menschen zu uns, Menschen, die vor dem Krieg fliehen, die alles verloren haben, denen erst einmal jede Perspektive fehlt und die auf unsere Hilfe angewiesen sind. Wieder einmal bewundere ich jeden, der Friedensgebete organisiert, Geld spendet oder gar mit einem voll bepackten Fahrzeug an die Grenze fährt. Sowas nötigt mir Respekt ab, insbesondere diejenigen Menschen, die gleich von Anfang an zupacken und ohne jeden Zweifel handeln.

 

 

Diese Hilfsbereitschaft vieler hat mich schon damals überrascht und irgendwie glücklich gemacht, weil sie meinen Glauben in die Menschheit wieder hergestellt hat. Diese Erkenntnis, dass wir in der Not eben doch alle zusammenrücken und plötzlich nicht Unterschiede, sondern Gemeinsamkeiten und individuelle Bedürfnisse zählen. Zugegeben, wir gehörten damals nicht zu den ersten, die sich um eine Flüchtlingsfamilie gekümmert haben, doch immerhin zu denen, die das sehr lange und sehr intensiv taten und ja bis heute tun. D. und seine Familie danken es uns noch heute, wir sind zu engen Freunden geworden und inzwischen weiß ich, wenn ich mal Hilfe brauch, sie wären sofort bedingungslos für mich da.

 

Das ist ein schönes Gefühl und auch genau das Gefühl, was bei einigen politischen Bekundungen, bei vielen Aktionen und für mich ganz besonders bei den Friedensgebeten, die mir persönlich wirklich viel Kraft geben, genau wie damals aufkommt. Ein Gefühl der Nächstenliebe unter den Menschen, ein Gefühl, dass wir uns gegenseitig Halt und Hoffnung geben können.

 

Doch irgendetwas ist anders als damals. Ehrlich gesagt habe ich lange gebraucht, um mir klar zu werden, warum ich das so empfinde. Es ist zum einen die Angst, die viel größer ist. Weil der Krieg diesmal viel näher ist, weil es politisch gesehen die ganze Welt betrifft und ja, weil ich Putin inzwischen alles zutraue. Vor allem, seitdem in der Ukraine sogar Atomkraftwerke beschossen werden.

 

 

Früher waren die USA immer der größte Kriegstreiber der Welt für mich. Meine erste Demo war damals die gegen den ersten Irak-Krieg unter George Bush Senior. Es folgte irgendwann der Irak-Krieg von George W. Bush, von dem ich damals dachte, er sei der schlimmste vorstellbare Präsident und könne aus purer Gedankenlosigkeit die Welt in Schutt und Asche legen. Damals wurde ich beinahe Fan von Gerhard Schröder wegen seinem klaren Nein zu den Einsätzen. Ja, es ist schon erstaunlich, wie Menschen und Überzeugungen sich in ein paar Jahrzehnten ändern können.

 

Auch in der Zeit des arabischen Frühlings und den Eingriffen der USA in so vielen Staaten war ich von deren Außenpolitik und insbesondere der Arroganz als Weltpolizei absolut angewidert. Besonders schließlich im Vergleich mit Donald Trump war Wladimir Putin für mich immer noch die bessere Alternative.

 

Heute muss ich diese Meinung revidieren und gelange zu der Ansicht, dass zu viel Macht oder eine zu lange Zeit an der Macht wohl in jedem Menschen das Schlimmste zutage fördert und ihn definitiv größenwahnsinnig macht. Krieg ist ja nun mal immer nur ein Krieg der Mächtigen und nie, wirklich nie der Krieg eines Volkes gegen ein anderes.

 

Fortsetzung folgt...