Licht ins Dunkel des Vergessens bringen

Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust

 

Der 27. Januar sei nicht nur ein in die Vergangenheit gerichteter Gedenktag für die Opfer des Holocaust, sondern auch für die Gegenwart von Bedeutung, sagte Dr. Elke Gryglewski, Leiterin der Gedenkstätte Bergen-Belsen und der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten. "Seit 2015 haben wir eine Partei im Bundestag, die Erinnerungskultur infrage stellt", begründete sie ihre Aussage, außerdem einen sich immer weiter in der Gesellschaft ausbreitenden Rassismus. Allerdings sei das zu einfach, um zu begründen, warum das Erinnern in unserer Gesellschaft wichtig ist.

 

Dr. Gryglewski war im Eichsfeld-Gymnasium Duderstadt zu Gast, wo sie am Vormittag gemeinsam mit ihrer Kollegin Marie Kuehnel, FSJ an der Gedenkstätte Bergen-Belsen, einen Workshop zur Gedenkkultur in der Bundesrepublik und zum Erinnern in der Region anbot und am Abend im Forum des Schulzentrums einen Vortrag hielt. Beides ist Teil einer großen ökumenischen Gedenkwoche, wie Pastor Johann-Hinrich Witzel erläuterte.

 

Mit einem Budget der Hanns-Lilje-Stiftung stellte er verschiedene Veranstaltungen auf die Beine, um die Bedeutung der Aufarbeitung und des Gedenkens für den Kirchenkreis Harzer Land bzw. das Eichsfeld herauszustellen und um "Licht ins Dunkel des Vergessens zu bringen", wie er sagte. Die Stadt Duderstadt und eben die Schule waren sofort mit dabei.

 

 

Jene Menschen, derer gedacht wird, wurden im Nationalsozialismus ermordet", betonte Dr. Gryglewski, die Folgen dieser Verbrechen seien in den Familien der Opfer wie auch der Täter bis heute spürbar. Zwar sei die Jugend von heute damals nicht dabei gewesen, viele haben auch keine Eltern und Großeltern mehr, die von dieser Zeit aus eigenem Erleben berichten können, doch gerade das mache eine Auseinandersetzung damit so wichtig.

 

Dabei gelte auch zu bedenken, dass viele von der Ideologie des Nationalsozialismus überzeugt waren oder vielen tatenlos hingenommen haben, auch später noch. Viele Täter bekleideten auch in der Zeit nach 1945 wieder hohe Ämter, andere flohen und wurden nie zu Rechenschaft gezogen. "Viele Nazis waren noch sehr einflussreich", so die Referentin.

 

Doch war eigentlich Täter? Waren es die, die tatsächlich an Gräueltaten beteilig waren oder auch die, die wegschauten und sie somit zuließen? Diese Frage sei nicht so leicht zu beantworten. "Das System hatte viele Schreibtischtäter und Mitwisser", sagte Elke Gryglewski, "ich glaube, dass die Täter*innen viel zu gut davongekommen sind." Die Schäler hätten sie am Vormittag bereits nach dieser Einschätzung gefragt. Die Ideologie lebte jedenfalls fort und viele Opfer wie beispielsweise Sinti und Roma, blieben Opfer.

 

 

In der anschließenden Diskussion, die ebenfalls sehr auf die Schüler zugeschnitten war, aber durchaus auch die vielen anderen Besucher einbezog, ging es dann unter anderem um die Frage nach der Aufarbeitung in unseren Nachbarländern. Mit dortigen Gedenkstätten kooperiere man natürlich, erläuterte Dr. Gryglewski, doch sei die Situation in den Niederlanden, in Frankreich, in Polen jeweils eine spezifische und somit auch die Aufarbeitung. Wichtig sei ihr aber, das es geschieht, auch um die Demokratie heute zu stärken.

 

So kamen in dieser Diskussionsrunde viele persönliche Erfahrungen und auch weitere Fragen auf, die zunm einen deutlich machten, dass längst nicht alles beantwortet ist, und zum anderen, dass Erinnern lebendig ist und die Geschichte tatsächlich bis heute Auswirkungen auf uns hat. Daher gibt es auch weitere Veranstaltungen zum Gedenktag, so beispielsweise ein Konzert des Klezmer-Projekt-Orchesters am Freitag, 27. Januar, ab 20 Uhr im Schulzentrum sowie die Ausstellung "Christliche Märtyrer", die zum Wochenende dann in die St. Servastius-Kirche umziehen wird.