Abgelichtet

Dieter Bohlen darf nicht fotografiert werden - Teil 2

 

Das Konzert fing auf jeden Fall richtig gut an. Die Band Paint the Sky hatte sich kürzlich bei einem Bandcontest nämlich die Chance erspielt, als Support für Dieter Bohlen beim Festival aufzutreten. Die Jungs kenne ich schon lange, sogar noch aus früheren Bandprojekten und jetzt treffen sie mit Coversongs wie beispielsweise „Kids“ von MGMT oder „Blinding Lights“ von The Weeknd meinen Geschmack ziemlich gut.


Auch dieser Auftritt vor großem Publikum holte mich ab und war ehrlich gesagt ein ziemlich guter Auftakt für den zweiten Festivaltag. Der Grund, warum sie überhaupt jetzt und nicht am ersten Tag spielten, ist der, dass der Bandcontest zwar damit warb, dass die Gewinner als Vorband für Bohlen auftreten dürfen, beim Wettbewerb selbst aber schnell klargemacht wurde, dass dieser ein Vetorecht hat und somit erst im Nachhinein entschieden wird, ob der Preis überhaupt eingelöst wird.


Na wie auch immer, mir war es so ja viel lieber, weil ich die Jungs hören konnte. Auch hören konnte ich übrigens ziemlich schnell nach meiner Ankunft meinen Namen. Eine Mitarbeiterin der Stadthalle rief nach mir, um mir die freudige Botschaft zu überbringen, dass die Fotos von Leony und Clockclock nun doch nicht mehr dem Management zur Freigabe geschickt werden mussten.


Zur Erklärung: Neben den üblichen Auflagen, dass nur während der ersten drei Songs fotografiert werden darf, kam nämlich zwei Tage zuvor noch eine Mail, dass sämtliche Fotos freigegeben werden müssen. Das bedeutet für mich natürlich einen Mehraufwand und vor allem zusätzlichen zeitlichen Druck.

 

 

Da ich ja wie gesagt wegen der Veranstaltung finanzielle Einbußen hatte und einen anderen Termin abgesagt, hatte ich stattdessen für den nächsten Tag, den Sonntag, andere Termine angenommen. Also rief ich beim Management an und schilderte, dass ich meinen Artikel noch Samstag an die Redaktion schicken müsse, da ich eben Sonntag keine Zeit habe. Wie lange dauert das denn mit der Freigabe der Fotos?


Als Antwort wurde mir gesagt: „Das geht normalerweise relativ schnell, die Künstler wollen die Bilder ja auch schnell auf Social Media hochladen.“ Moment, was? Da musste ich nachhaken. „Wie? Die wollen meine Fotos veröffentlichen?“ Am anderen Ende gab es kurz eine (meiner Meinung nach irritierte) Pause, dann die Antwort: „Nee, es machen ja auch noch andere Leute Fotos.“ Ich glaube, ich muss nicht erklären, dass ich für meine Bilder natürlich niemandem außer dem Eseltreiber ein Nutzungsrecht eingeräumt habe.


Wie auch immer, die Regelung mit der Freigabe hatte sich dann ja spontan geändert, den Grund dafür kenne ich natürlich nicht. Allerdings war ich nicht der Einzige, der irritiert war, eine Kollegin einer anderen Zeitung war ziemlich genervt vom ganzen Hin und Her und meinte, sowas erlebe sie immer nur hier. Dazu sagte ich lieber nichts.

 

 

Zum Glück klappte es dann gut, dass wir für die ersten Songs von Clockclock und später von Leony in den Fotograben geleitet wurden, so dass wir doch noch einen schönen Festivalabend erlebten. Clockclock lieferten guten Elektro-Pop, Leony später Radiopop zu einer Bühnenshow mit Tänzerinnen und tollen Lichteffekten, so dass ich auch mit meinen Fotos recht zufrieden war.


Nicht ganz sicher bin ich mir, ob die Vorgehensweise, also den Harzkurier vom Festival auszuschließen, rechtlich gesehen überhaupt okay ist. Nun ist ein Konzert, ein Festival etc. im juristischen Sinne eine private Veranstaltung, platt gesagt kann der Hausherr also bestimmen, wen er reinlässt. Dennoch ist es mit Blick auf das Presserecht ein wenig komplizierter.


„Ein Zugangsrecht zu privaten Veranstaltungen besteht nicht. Allerdings darf auch der private Veranstalter den Journalisten nicht aus Angst vor schlechter Kritik von der Veranstaltung ausschließen“, heißt es dazu beispielsweise auf der Website der Kanzlei von Christian Solmecke, „Er kann jedoch die Presse allgemein von seiner Veranstaltung ausschließen.“ Allgemein ausgeschlossen wurde die Presse ja nun nicht. Der Grund war eine schlechte Kritik, wenn auch nicht die Angst vor einer schlechten Kritik, sondern eine bereits gedruckte.


Mit der Medienrechtskanzlei WBS bin ich gerade noch in Kontakt, allerdings nicht, weil ich selbst klagen will, sondern weil mich der Fall im Sinne des Presserechts einfach interessiert. Für unsere journalistische Arbeit sehe ich es nämlich als ziemliche Einschränkung ein, wenn es üblich wird, dass von Veranstaltungen nur noch das nach außen dringt, was den Veranstaltern genehm ist.

 

 

Am kommenden Wochenende hätte ich übrigens über ein Konzert von Sarah Connor berichten sollen, aber irgendwie habe ich gerade die Nase voll von Konzerten. Insgesamt muss ich aber nach wie vor sagen, dass mir der Beruf als Journalist wirklich Spaß macht. Wenn ich – fast egal wo – direkt mit Menschen zu tun habe, wenn es ein Geben und Nehmen ist, wenn alle am Ende froh über ein gelungenes Event und eine brauchbare Berichterstattung sind. Sobald ich aber im Vorfeld mit Künstlermanagements, Agenturen, Veranstaltern, Redaktionen etc. zu tun habe, die sich untereinander nur unzureichend absprechen, werde ich in Zukunft viel mehr Aufträge ablehnen.


Da ich durch meinen Beruf ohnehin nicht reich und berühmt werde, kann ich es mir rausnehmen, Menschen, die sich selbst viel zu wichtig nehmen, aus dem Weg zu gehen und stattdessen über jene zu schreiben, die sich über einen Presseartikel freuen, für die ich vielleicht etwas Gutes bewirken kann, deren Geschichten sich wirklich zu erzählen lohnen. Vermutlich sollten wir das sowieso viel häufiger tun und denjenigen, denen es nur um Streicheleinheiten für ihr Ego geht, deutlich weniger Aufmerksamkeit schenken.