Wir feiern das Zucker-Osterfest
„Für Muslime endet der Fastenmonat Ramadan mit dem Zuckerfest. Auch für Christen gibt es eine Tradition des Fastens, die in die Passionszeit fällt und zu Ostern endet. Zwei Religionen, zwei unterschiedliche Arten, den persönlichen Glauben zu leben, doch eben auch Gemeinsamkeiten. Was liegt also näher, als auch gemeinsam zu feiern?
Hier in Osterode wird am Freitag, 25. April, im Garten der Kreuzkirche das Zucker-Osterfest gefeiert. Eingeladen ist jeder, der Lust darauf hat, der sich vielleicht über den jeweils anderen
Glauben informieren und austauschen möchte. Es gibt natürlich eine Ostereiersuche, ein Mitbring-Buffet, Spiel und Spaß für Kinder und eben Gemeinschaft in Zeiten, in denen tiefe Gräben die
Gesellschaft und die Welt durchziehen. Organisiert wird das Zucker-Osterfest vom Diakonischen Werk...“

So lautete meine Ankündigung für diese doch etwas gewagte Veranstaltung, die auch in den Reihen der Kirche nicht bei allen sofort auf Begeisterung stößt. Meine Begeisterung hingegen war gegeben, als Mitorganisatorin Svenja mir davon erzählte und ich wollte nur zu gerne diese Ankündigung schreiben. Sie ging aber noch weiter, weil ich mir die folgenden Absätze nicht verkneifen konnte:
„Eine Anmerkung sei noch gestattet: Vor wenigen Tagen beklagte sich ein AfD-Bundestagsabgeordneter auf der Plattform X über eine schleichende Islamisierung Deutschlands, die sich für ihn daran
zeige, dass Osterhasen bei einem Discounter inzwischen nur noch als „Sitzhasen“ verkauft werden. Das Zucker-Osterfest ist eben keine schleichende Islamisierung, sondern ein offensives
Aufeinander-Zugehen, ein religiöser und kultureller Austausch, der gegenseitiges Verständnis fördert und somit auch ein Zeichen gegen jene Spaltung, die auf Social Media gerne betrieben wird.
Wenn also in Osterode das Zucker-Osterfest gefeiert wird, dann gibt es Ostereier und auch Osterhasen, obwohl die biblisch gesehen ja nun auch nichts mit dem Christentum zu tun haben. Ach und
besagter Schokohase wird im hiesigen Discounter übrigens nach wie vor als Osterhase verkauft, mal sitzend, mal stehend.“

All das bezieht sich natürlich auf einen Post, der auf X (mal wieder) große Diskussionen auslöste. In der rechts-konservativen Ecke sah man den Untergang des Abendlandes eingeläutet, weil wir ja plötzlich und aus Rücksicht vor Muslimen den christlichen Osterhasen umbenennen. Ist natürlich wie so oft völliger Blödsinn, Panikmache und Fake News.
Sitzhasen gibt es im Handel seit den 50er Jahren, vor allem deshalb, um die Produkte von stehenden Hasen unterscheidbar zu machen. Ist ja nun mal ziemlich blöd, wenn in den Abrechnungen alle
Schokohasen nur als „Osterhase“ laufen. Im Regal unseres Discounters waren zu dem Zeitpunkt, als ich mein Exemplar kaufte, sämtliche Hasen als Osterhasen gekennzeichnet. Es gibt sie also noch,
die traditionellen abendländischen Osterhasen.
Wo es sie allerdings nicht gibt, ist die Ostergeschichte in der Bibel. Dort ist an keiner Stelle von einem Hasen die Rede, schon gar nicht von einem, der Eier legt. Eine christliche Tradition,
die sinnstiftend für meinen Glauben ist, ist der Osterhase (übrigens genau wie der Weihnachtsmann) schon mal nicht. Darum verstehe ich das Gejammer aus angeblich christlichen Beweggründen schon
mal nicht.
Warum der sitzende Hase nun ein Symbol der Islamisierung sein soll, kann ich nicht nachvollziehen. Es sei denn, er sitzt eigentlich gar nicht, sondern betet gen Mekka... das muss ich mir noch mal
genau ansehen. Nein, aber im Ernst, diese krampfhaft herbeigeredete Diskussion ist wieder mal ein Versuch der Spaltung, ist purer Populismus, ist nichts anderes als Hetze. Und die ist aus meiner
Sicht alles andere als christlich und sollte eigentlich auch nicht Teil unserer abendländischen Kultur sein.